Schon vor Jahren stellten wir uns die Frage: „Verein – was bedeutet das eigentlich?“ Angesichts der teilweise obskuren Vorstellungen und Erwartungen, die viele Leute an Vereine stellen, ist es notwendig, dieses Thema erneut zu beleuchten.
Immer mehr Menschen kommen in den Verein zum Trainieren, oft mit falschen und unrealistischen Erwartungen, und sind bald enttäuscht und frustriert. In ihrer Darstellung ist selbstverständlich der Verein oder die Trainer schuld am Scheitern der Zusammenarbeit. Doch was läuft da in der Regel schief?
Zunächst sollte man sich vergegenwärtigen, was ein Verein ist. Ein Verein ist ein freiwilliger und auf Dauer angelegter Zusammenschluss von Personen zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks. Ein Verein ist keine Firma, kein Unternehmen; daher bestehen gerade die kleinen Vereine, die Hundebesitzer als Trainingsmöglichkeit suchen, zu 100% aus ehrenamtlichen Helfern, die sich aus den Reihen der Mitglieder rekrutieren. Egal ob Vereinsvorstand, Platzwart oder Trainer – niemand erhält auch nur einen Cent für seine Arbeit. Das sollte man stets im Hinterkopf behalten.
Ein solches Konstrukt kann nur funktionieren, wenn es unter den Mitgliedern ein ausgewogenes Geben und Nehmen gibt. Wer Leistungen in Anspruch nimmt – sprich trainiert – gibt auch etwas zurück, sei es durch Unterstützung anderer Teams auf dem Platz oder durch Hilfe bei organisatorischen Aufgaben, in der Küche oder bei der Grundstücks- und Gebäudepflege. Man hilft sich gegenseitig und unterstützt den Verein zusätzlich finanziell, indem man beispielsweise beim Training einen Kaffee trinkt und ein Stück Kuchen isst. Vor allem „bezahlt“ man die in Anspruch genommenen Leistungen jedoch mit Zeit.
Diese beiden Eckpunkte sollte man für die weitere Frage „Wieso klappt es so häufig nicht zwischen Verein und Hundehaltern?“ im Hinterkopf behalten:
Eine Zeitlang waren Hundevereine nicht mehr modern. Hundeschulen boomten, und Hundebesitzer zog es zu kommerziellen Trainern, die mit „neuen“ Methoden und wohlklingenden Philosophien warben. Dieser Trend scheint nun langsam abzunehmen, da sich herumgesprochen hat, dass nicht jeder Trainer auch wirklich fachliche Qualität bietet, und weil die hohen Preise vieler Hundeschulen viele Hundehalter zum Nachdenken bringen, insbesondere wenn die Fortschritte im Training ausbleiben. Deshalb orientieren sich immer mehr Menschen zurück zu den Vereinen vor Ort, und hier beginnt das erste Problem.
Aus Hundeschulen sind viele es gewohnt, einfach hinzugehen. Vorherige Informationen darüber, ob es die geeignete Anlaufstelle ist, haben viele nicht auf dem Schirm. Kommerzielle Hundeschulen bieten meist eine breite Palette an Kursen für alle Hunde an, ungeachtet ihrer Größe, Rasse und ihres Alters. Vereine hingegen haben einen klar definierten Zweck und bieten oft nur eine oder zwei Sportarten an. Wenn jemand ohne ausreichende Vorinformation bei einem Verein vor der Tür steht, dessen Zweck beispielsweise „Mondioring mit dem Malinois“ ist, wird das im besten Fall ein kurzer Besuch.
Leider läuft es oft anders. Hundehalter sind sauer, weil sie sich den Weg umsonst gemacht haben, und die Vereinsmitglieder sind genervt, weil sie ohnehin schon klar kommunizieren, dass sie ein reiner Sportverein für eine bestimmte Sportart sind. In den meisten Fällen prallen falsche Erwartungshaltungen auf die Vereinsrealität. Wer uninformiert losmarschiert, wird schnell enttäuscht sein. Die meisten Vereine konzentrieren sich auf die Ausbildung zur Prüfungsreife in spezifischen Sportarten und sind oft rassegebunden. Wer nach Alltagserziehung oder Hundebespaßung sucht, muss sich im Vorfeld eingehender informieren.
Auch bei denen, die Mitglied werden wollen, gibt es oft Probleme. Einige haben großes Interesse daran, schnell aufgenommen zu werden, und nutzen das Training intensiv. In der Realität sieht es jedoch schnell anders aus: Zeit für Vereinsarbeit haben sie nicht, sie wollen sofort drankommen, und nach dem Training verschwinden sie wieder. Auch bei anderen Vereinsverpflichtungen fehlt oft die Bereitschaft zur Mitarbeit.
Verhalten dieser Art führt schnell zu Unmut. Wer sich nur als Konsument verhält, wird nicht lange willkommen sein. Diese Gruppe wächst leider immer stärker und sorgt für Spannungen. Wer Kunde sein möchte, sollte in eine kommerzielle Hundeschule gehen, wo Hundeerziehung als Konsumgut angeboten wird. Wer nur billig trainieren möchte, wird im Verein nicht alt werden.
Fairerweise sollte jeder ehrlich reflektieren, warum er in einen Verein eintreten möchte und ob er bereit ist, am Vereinsleben teilzunehmen. Wer vor dem Eintritt alle Pflichten abnickt, in der Hoffnung, einfach an gutes und günstiges Training zu kommen, sollte den Charakter haben, dies offen anzusprechen.
Niemand würde in einer kommerziellen Hundeschule den Vertrag unterschreiben und dann den vereinbarten Preis nicht bezahlen. Bei Vereinen versuchen jedoch viele Neumitglieder, sich vor ihrem Teil des Vertrags zu drücken.
Der Hundesportverein kann ein wundervoller Ort sein, an dem Hund und Halter viel lernen, tolle Zeit verbringen und Gleichgesinnte kennenlernen können – vorausgesetzt, man informiert sich im Vorfeld ausreichend, welcher Verein der richtige ist, und ist ehrlich mit seinen eigenen Vorstellungen von der Zusammenarbeit.
Peter Fierke, 04.07.2019
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